Luftzielschießen
Im dritten Jahr der Truppenoffiziersausbildung erfolgt für die Militärakademiker an den Waffengattungs- und Fachschulen die Spezialisierung. Aktuell werden zwei Fähnriche des Jahrganges „Generaloberst Josef Roth“ werden in Langenlebarn durch das Institut Fliegerabwehr der Flieger- und Fliegerabwehrtruppenschule zu Fliegerabwehroffizieren ausgebildet.
Den Höhepunkt der Ausbildung am Waffensystem 3,5 cm Zwillingsfliegerabwehrkanone bildet das Luftzielschießen. Dieses fand für die beiden Fähnriche gemeinsam mit den Teilnehmern an der laufenden Kaderanwärterausbildung 2/Fliegerabwehr in der 19. Kalenderwoche am Truppenübungsplatz Allentsteig statt.
Geschossen wurde als Einzelgeschütz aber vor allem im Rahmen der Feuereinheit. Das sind zwei 3,5 cm Zwillingsfliegerabwehrkanonen 85 gesteuert durch ein Feuerleitgerät 89 „Skyguard“. Die Fähnriche trainierten dabei als Richtschütze an der Kanone vor allem aber als Feuerleitoffizier im Feuerleitgerät.
Das Ziel beim Luftzielschießen ist ein Schleppsack, der durch ein Flugzeug – in diesem Fall eine PC-6 – gezogen wird. Der Schleppsack befindet sich dabei an einem Stahlseil 1.200 Meter hinter dem Flugzeug.
Ein direkt vor dem Schleppsack montierter Indikator kann feststellen, wie nah oder fern zum Ziel die einzelnen Schüsse liegen. Dazu hat der Indikator sechs Mikrofone eingebaut. Diese registrieren die Schallwellen, welche an der Spitze der Geschosse entstehen, wenn sie mit Überschallgeschwindigkeit am Indikator vorbeifliegen. So lässt sich der Abstand der Geschosse zum Schleppsack exakt ermitteln. Beim aktuellen Schießen war es die Aufgabe auf einer Fläche von vier Metern rund um den Schleppsack zu treffen. Die Trefferauswertung und deren Übermittlung an die Schießübungsleitung am Boden erfolgt in Echtzeit.
Schießbetrieb
Durch Gefreiten Saša Tešanović erstellte filmische Impression vom Schießen am Mittwoch, dem 7. Mai 2025, auf dem FlA-Schießplatz Germanns am Truppenübungsplatz Allentsteig.
Fotoalbum
Die besten Fotos der Fotografen Daniel Trippolt und Stabswachstmeister Rainer Zisser vom Luftzielschießen am 7. Mai 2025 finden sich im Fotoalbum des Bundesheer-Flickr-Accounts.
3,5 cm Zwillingsfliegerabwehrkanone 85
In den späten 50er Jahren startete die Schweizer Rüstungsfirma Oerlikon-Bührle die Entwicklung einer gezogenen 35mm Zwillingskanone für die Fliegerabwehr. Der erste Prototyp wurde 1959 fertiggestellt, das serienreife Produkt erhielt die Bezeichnung GDF-001. 1980 wurde das System GDF-002 mit verbessertem Visier und digitaler Datenübertragung eingeführt und in dieser Version in einer Stückzahl von 72 als 3,5 cm Zwillingsfliegerabwehrkanone 79 im Bundesheer eingeführt.
1985 erfolgte durch den Einbau eines neuen Visiers, eines Laserentfernungsmessers, eines digitalen Feuerleitrechners sowie der Integration eines Generators und der Installierung eines Automatikladers eine Kampfwertsteigerung auf die Version GDF-005. Die modernisierten Geschütze tragen im Bundesheer die Bezeichnung 3,5 cm Zwillingsfliegerabwehrkanone 85.
Die Kadenz pro Rohr beträgt 550 Schuss/Minute. Dies bedeutet, dass pro Sekunde 16 Granaten verschossen werden. Das Geschütz ist daher mit einem zeitlichen Begrenzer ausgestattet. Beim Luftzielschießen wurden Salven mit 0,7 und 1,5 Sekunden abgegeben. An der Waffe befinden sich 280 Schuss. Nachgeladen wird mittels Ladestreifen mit sieben Schuss. An Munition stehen Leuchtspur-Übungsgeschosspatronen, Spreng-Brandgranatpatronen und Panzer-Sprenggranatpatronen zur Verfügung.
Der Betrieb des Geschützes kann sowohl automatisch via digitale Datenübertragung vom Feuerleitgerät zu den Geschützen als auch lokal mit dem computergestütztem Visiersystem erfolgen. Die Feuereinheit - der Fliegerabwehrzug - besteht aus dem Feuerleitgerät 79 "Skyguard", einem optischen Zielzuweiser und zwei 3,5 cm Zwillingsfliegerabwehrkanonen 85.
Feuerleitgerät 98 „Skyguard“
Das Allwetter Feuerkontroll-Radarsystem Skyguard wurde in den 70er Jahren durch Oerlikon-Contraves zur Steuerung der 35mm GDF-Serie Fliegerabwehrkanonensysteme entwickelt und im Bundesheer in einer Stückzahl von 37 als Feuerleitgerät 79 eingeführt. Ende der 1990er-Jahre erfolgte eine Grundüberholung der Feuerleitgeräte. Die leistungsgesteigerten Feuerleitgeräte tragen die Bezeichnung Feuerleitgerät 98.
Das Feuerleitgerät 98 ist ausgeführt als Zweiachs-Anhänger mit vollklimatisierter Kabine aus glasfaserverstärktem Polyester. Der Antennenkopf auf der Kabine besteht aus einem Rundumsuchradar mit einer Reichweite von 20 Kilometern, einem Folgeradar und einer TV-Kamera. Neben einer hohen Update-Rate und einer feinen Auflösung, ist das System in der Lage automatisch Alarm auszulösen und einen Kontakt automatisch dem Folgeradar zuzuweisen. Das TV-Folgesystem ermöglicht die hochpräzise computerunterstützte Zielverfolgung.
Das Herz des Systems ist ein Computer, welcher mit den Daten des Rundumsuchradars Gefahrenanalysen und Prioritätsreihungen durchführt, den optimalen Vorhaltewinkel sowie den optimalen Zeitpunkt und Dauer der Feuerstöße für eine höchstmögliche Trefferwahrscheinlichkeit für die Geschütze errechnet.
Bedient wird das Feuerleitgerät durch zwei Mann – den Feuerleitoffizier und den TV-Beobachter.
Modernisierung
Die Fliegerabwehrtruppe des Bundesheeres verfügt derzeit über zwölf Feuereinheiten 3,5 cm Zwillingsfliegerabwehrkanone, die aus je zwei Geschützen in der Version GDF-005 und einem Feuerleitgerät 98 "Skyguard" bestehen.
Im Rahmen der „Mission vorwärts“ wird bis 2028 eine Modernisierung des Systems auf die Version GDF-009 erfolgen. Dabei werden die Fähigkeiten der Rohrwaffe zur Bekämpfung von Kleinzielen, wie Drohnen, erweitert. Das bisher verwendete Feuerleitgerät wird durch die Integration des Radars in das Geschütz nicht mehr nötig sein.
Verschossen werden künftig nicht nur panzerbrechende oder explosive Geschosse, sondern auch AHEAD-Munition. Dabei handelt es sich um ein Geschoss mit 152 Subprojektilen. Hat das Geschoss das Ziel fast erreicht, erfolgt die Zündung einer sogenannten Zerlegerladung und die Subprojektile werden ausgestoßen. Diese breiten sich, ähnlich wie bei einer Schrotflinte, kegelförmig aus. Durch die hohe Schussfolge entsteht im Zielbereich eine Art Wolke aus Projektilen. Damit soll das Ziel an möglichst vielen Punkten durchschlagen und so zerstört werden.
Darüber hinaus wird die neue Variante einen höheren Schutz für die Geschützbedienung bieten, denn die Geschütze werden durch das Upgrade voll fernsteuerbar.