Wussten Sie, dass in der St.-Georgs-Kathedrale ein Kaiser begraben liegt? 1519 wurde hier Kaiser Maximilian I. zur letzten Ruhe gebettet. Nur sein Herz befindet sich im 1.200 km enfernten Brügge im Sarkophag seiner geliebten Frau Maria von Burgund.
Errichtung
Die St.-Georgs-Kathedrale ist eine spätgotische, dreischiffige Hallenkirche und wurde von 1440 bis 1460 von Peter von Pusica erbaut. Acht 90 cm starke Säulen tragen die Decke. An den Schlusssteinen des Gewölbes sind die Wappenschilde des Hauses Österreich angebracht.
Infolge der eigentümlichen Anlage der Kirche über der Haupteinfahrt der Burg fehlen das Querschiff und das Presbyterium.
Die Kirche hieß ursprünglich Marien- oder Frauenkapelle. Erst als Friedrich III. 1479 den von ihm 1468 in Millstatt gegründeten Georgsritterorden nach Wr. Neustadt verlegte und Papst Sixtus IV. Wr. Neustadt zum Bistum erhob, erhielt sie den Namen Georgskirche.
Letzte Ruhestätte Maximilian I.
Am 12. Jänner 1519 starb Maximilian I., Herr der Habsburgischen Erblande und römisch-deutscher Kaiser, auf der Reise von Innsbruck zum Landtag nach Linz in der Burg von Wels.
Wie andere Könige und Kaiser des Mittelalters inszenierte Maximilian seinen Tod. Nachdem er bereits seit vier Jahren auf Reisen stets seinen Sarg mitgeführt hatte, präsentierte er sich nun als außergewöhnlich demütiger und mit Schuld beladener Sünder und Büßer. Er ordnete an, nach seinem Tod nicht einbalsamiert zu werden, sondern verfügte stattdessen, dass sein Leichnam gegeißelt werde und dass seine Haare geschoren und die Zähne ausgebrochen werden.
Maximilian I. wurde getreu dem Testament in seiner Taufkirche, der St.-Georgs-Kapelle der Burg in Wiener Neustadt, unter den Stufen des damaligen gotischen Hochaltars beigesetzt. Gemäß seinem Wunsch so, dass der Priester auf seine Brust treten soll, wenn er zum Altar geht. Maximilians Herz wurde getrennt bestattet. Es ist in der Liebfrauenkirche in Brügge im Sarkophag seiner ersten Frau, Maria von Burgund, beigesetzt.
Maximilians berühmtes Grabmal mit zahlreichen Bronzefiguren, das er zu Lebzeiten für die St.-Georgs-Kapelle in Wiener Neustadt in Auftrag gegeben hatte, blieb unvollendet. Erst sein Enkel Ferdinand I. ließ es in der 1553 bis 1563 eigens dafür erbauten Hofkirche in Innsbruck aufstellen.
Ausstattung
Im mittleren Kirchenschiff steht der Reliquienschrein Friedrich III., der jedoch 1770 entfernt wurde, weil er zuviel Platz wegnahm. Im Jahr 1990 wurde der Reliquienschrein nach Restaurierung wieder in der Georgskathedrale aufgestellt.
Im hinteren Teil der Kirche befindet sich der zwölfeckige Taufstein aus Adneter Rotscheck, ein Werk aus dem 15. Jahrhundert, der vermutlich zur Taufe von Maximilian I. im Jahr 1459 benutzt wurde.
Außer dem Grabmal Maximilian I. befindet sich noch eine Gruft in der Georgskirche. Vorne im rechten Seitenschiff wurde 1683 der Chorbischof von Köln, Propst Wolfgang Georg, ein Bruder der Kaiserin Eleonore (Gattin Leopold I.) beigesetzt. Er war auf der Rückreise von Rom hier verstorben. Die Deckplatte seiner Gruft trägt die Inschrift: "Sag mir, stummer Stein, wessen Gebeine du birgst? Blicke um dich und lies rechts den Namen im Erz!"
Als Kooperationspartner der Niederösterreichischen Landesausstellung 2019 zeigt die Militärakademie die Ausstellung "Von der Kaiserresidenz zur Offiziersschmiede". Das Leben und Wirken Maximilian I. nimmt dabei eine zentrale Rolle ein. Um das Grabmal Maximilian I. für die Besucher besser zugänglich zu machen, wurde nach einem eingeschränkten Wettbewerb von fünf Entwürfen das Kircheninnere verändert. Die Jury, in der auch der Militärbischof Werner Freistetter vertreten war, entschied sich für den Entwurf der Tiroler Künstler Martin und Werner Feiersinger.
Die beiden Künstler berichten darüber in einem Beitrag in der Ausgabe 5/2019 des Magazins "Architektur Aktuell": (zum Vergrößern anklicken)
Altarretabel
Das vom Altenburger Kunsthistoriker Andreas Gamerith 2018 gestaltete Flügelretabel ist der Versuch einer Rekonstruktion des früheren Retabels, welches der Barockisierung zum Opfer gefallen war.
Bezogen auf die im Mittelfenster dargestellte Szene der Taufe Jesu Christi im Jordan zeigt die Festtagsseite des Schreins die Verklärung Jesu Christi. Die Flügel der Festtagsseite zeigen das Wappen Maximilians I: Österreich und Burgund auf dem römischen Doppeladler.
Die Sonntagsseite zeigt die Soldaten unter dem Kreuz Jesu Christi und nimmt besonderen Bezug auf die hier ausgebildeten Offiziere und ihre Anleitung zu Schutz und Hilfe, nicht zu blindem Gehorsam oder Grausamkeit.
Die Wochentagsseite zeigt Mose und Elija als Repräsentanten von Gesetz und Prophetie im Alten Testament, auch hier mit Blick auf angehende Offiziere, die ihren Weg zwischen gesetzlichen Grundlagen und eigenverantwortlichem Handeln finden müssen.
Dem Retabel aufgesetzt findet sich ein Standbild des Hl. Georg aus Bronze, eine Arbeit aus dem 15. Jahrhundert, angeblich vom Hofgießer Maximilian I.
Glasfenster
Die Glasfenster sind ebenfalls eine Arbeit aus dem 15. Jahrhundert. Die ursprünglichen Fenster (von 1479) wurden jedoch 1485 bei der Belagerung durch Matthias Corvinus und 1494 und 1496 durch Feuersbrünste teilweise zerstört. Bei der Wiederherstellung in den Jahren 1500 bis 1520 durch den Niederländer Joris van Delft wurden allerdings einige Veränderungen vorgenommen, sodass nunmehr auf den Fenstern zwar öfter Friedrichs AEIOU, er selbst aber nicht mehr aufscheint. Früher waren auch die Seiten- und Rückfenster mit Glasmalerei versehen, sie wurden jedoch später unter dem Akademiekommandanten Graf Kinsky durch normales Glas ersetzt, um die Kirche heller zu machen und die Kadetten, die bei der täglichen Frühmesse zu schlafen pflegten, besser überwachen zu können. Während des 2. Weltkrieges waren die Glasfenster gut verpackt im alten Salzbergwerk bei Hallein verwahrt und überstanden die Kriegswirren unbeschadet.
Zerstörung und Wiederaufbau
Im Jahre 1945 wurde die Kirche fast völlig zerstört, der Wiederaufbau erfolgte mit Sandstein aus St. Margarethen und Loretto im Burgenland. Die einzige Säule, die im Original erhalten blieb, ist die vorderste rechte Säule. Im Zuge der Rekonstruktion konnte auch ein Fresko aus der Zeit Friedrichs III. freigelegt werden. Dieses zeigt in neun Bildern Szenen aus dem Leben Jesu Christi. Die Darstellungen zeigen Parallelen zu den Miniaturen im Andachtsbuch dieses Kaisers.
Bischofskirche
Im Jahre 1784 wurde der Bischofssitz des Bistums Niederösterreich von Wr. Neustadt nach St. Pölten verlegt. Seit 1963 ist die Georgskirche jedoch wieder Bischofskirche. Durch die Inbesitznahme durch den Militärbischof Kostelecky am 1. Juni 1987 wurde sie schließlich zur Kathedrale für den österreichischen Militärbischof.